Marianne Altmaier - Nachruf
Hazel Adams, Maidstone, GB ->
Kirstin Kaiser und Michaela Glöckler, Dornach, CH ->
Thorwald Thiersch, Dornach, CH ->
Simone Lindau, Murg, DE für die ICAAT ->
Mathias Bertram, Herdecke, DE ->
Viele Jahre war Marianne einem weiten Kreis von Therapeuten und Ärzten bekannt, zum einen durch ihre Pionierarbeit in der künstlerischen Therapie und Farblichttherapie im Krankenhaus Herdecke, ihrer wunderschönen Wandmalereien, insbesondere in der Kinderabteilung der Filderklinik, und als Koordinatorin für künstlerische Therapie der Medizinischen Sektion am Goetheanum. Sie hatte ausgezeichnete soziale Fähigkeiten, einen lebhaften Sinn für Humor und ein warmes Interesse an den Bestrebungen derjenigen, denen sie begegnete und setzte sich für die Vertiefung künstlerischer und kunsttherapeutischer Fragen ein. … In den Jahren ihrer Arbeit für die Medizinische Sektion hatten wir ein Gespräch, wo sie fragte: „Wie können wir die Wirksamkeit von Farbe, Licht, Klang und Bewegung so tief erlebbar machen, wie sie es einst waren in den alten Mysterien?“ Es war ein imaginatives und offenes Gespräch, eine spielerische Gelegenheit ungehemmten Austausches. Dennoch realistisch genug, bekam ihre Idee Form und innerhalb weniger Jahre stellte sie während einer Tagung der Medizinischen Sektion die ersten Ergebnisse ihrer neuen Metallfarblichttherapie dar. Die Teilnehmer begegneten den glühenden farbigen Glasfenstern mit ihren feinen Gravierungen und wurden eingeladen, ihre Erfahrungen mitzuteilen. Marianne begegnete den vielen Beiträgen und Fragen mit Vertrauen und Bescheidenheit, mit sanfter aber fester Hand führend. … Meistens gravierte sie die Glasfenster selbst, was körperlich anstrengend war, und sie widmete sich dieser Aufgabe mehrere Stunden am Tag. Sie beschrieb diese wie ein Gespräch mit dem Wesen jeder Farbe, wodurch die Motive sich selbst im Prozess enthüllten, was sie mit großer Freude erfüllte. …
Kirstin Kaiser und Michaela Glöckler, Dornach, CH
Die anthroposophisch-medizinische Bewegung verdankt ihr außerordentlich viel – sie war nicht nur die erste Koordinatorin für Anthroposophische Kunsttherapie in der Medizinischen Sektion. Sie hat nicht nur die 10-jährige Forschungsarbeit initiativ mit gestaltet, die von 80 bis 100 Fachkollegen in den Jahren 1989 bis 2000 geleistet wurde und dort die verschiedenen methodischen Ausrichtungen insbesondere auf dem Gebiet der Maltherapie befriedet, deren Vertreter zunächst unvermittelt auf einander prallten. Sie war es auch, die dann die große Arbeit unternahm, die erste Gesamtpublikation der verschiedenen kunsttherapeutischen Disziplinen und methodischen Ansätze redaktionell zu verarbeiten und das Werk im Namen der Medizinischen Sektion als Ergebnis dieser zehnjährigen Forschungsarbeit dem Verlag Freies Geistesleben zu übergeben. Besonderer Dank gebührt ihr jedoch für ihr Pionierwerk: die Kunst des Glasschleifens in den Dienst der Therapie zu stellen. … Sie hat ihr Leben dem Kunst- und Therapie-Impuls der Anthroposophie gewidmet und hatte darin Übersicht und tiefe Erkenntnis wie kaum jemand der zurzeit Lebenden. Ihr Tod ist ein schmerzhafter Verlust, der nur durch die Hoffnung gemildert wird, dass sie uns inspirierend verbunden bleibt. …
Thorwald Thiersch, Dornach, CH
… Sie stellte ihre gesamte Schaffenskraft in den Dienst des einmal im Leben gefassten Entschlusses; sie ging mit forschendem Geistesblick an die Welt heran; sie durchdrang dies alles mit ihrer herzoffenen Künstlerseele. Wer ihr begegnen durfte, wurde Zeuge eines gelebten rosenkreuzerischen Wirkens, eines in allen Widerständen nie erlahmenden Zukunftsglaubens, eines im tiefsten Herzen wohnenden Helferwillens. …
Simone Lindau, Murg, DE für die ICAAT
… Ihre berufliche Suche führte sie von der Ausbildung zur Apothekenhelferin, Kinderkrankenschwester, Kunst- und Klassenlehrerin für Waldorfpädagogik schließlich zur Kunsttherapie und zur Verwirklichung ihrer zentralen Lebensaufgabe: der Zusammenführung von Kunst und Wissenschaft in der Entwicklung der Farblichttherapie auf anthroposophischer Grundlage. … Im Herbst 2012 lernte ich sie noch einmal „neu“ kennen. An einem sonnigen Herbsttag für ein Kollege mit mir bei ihrem Lichtblickatelier in Schwörstadt (Nähe Basel auf der deutschen Rheinseite) vorbei, in dem sie seit 12 Jahren wirkte. Ich konnte ihr bei der Arbeit zuschauen und die Arbeitsbedingungen wahrnehmen, unter denen sie ihre wunderbaren farbigen Glasfenster schliff. Als wir unangemeldet eintraten, war sie gerade dabei, ein violettes Glasfenster zu schleifen. Ganz verinnerlicht, von Kopf bis Fuß eingehüllt, geschützt gegen Kälte, Nässe, Schleiflärm, Staub und kaltes Wasser, das unentwegt über ihre zarten Hände floss, die nur durch Gummihandschuhe geschützt waren, erschien sie wie zusammengewachsen mit dem farbigen Glas. Sie unterbrach ihre Arbeit und zeigte mir ihren Ausstellungsraum, in dem verschiedene Glasfenster von Sonnenlicht durchflutet waren. Während wir vor einem grünen Fenster stehend ins Gespräch vertieft waren, bemerkte ich, wie sich mein Kehlkopf auf eine mir bis dahin unbekannte Weise regte, sodass ich nachfragte, welches Metalloxid darin zur Wirkung käme. Es war das Eisen. So konnte ich unmittelbar erleben, welch starke Wirkung von den von ihr gestellten und radierten Gläsern ausgeht. „In ihrer Gestalt war sie zart, wirkte zerbrechlich, aber in dieser fragilen Form lebte der reine Wille!“ So wurde sie von einer Kollegin beschrieben, die mit ihr bis zu ihrem Schwellenübergang verbunden war.
… Sie arbeitete mit uns im Einführungskurs für neue Mitarbeiter. Ihre leise, sensibel ermutigende Art in der Hinführung zu einer künstlerischen Übung und ihr Erkenntnisernst in Bezug auf eines ihrer Lebensthemen, die Siebengliederung im therapeutischen Prozess, haben bei mir einen leisen und anhaltenden Nachhall erzeugt, über den ich mich noch immer freuen kann.